Tim Abromaitis: „Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht“

Tim Abromaitis: „Ich stehe nicht gerne im Rampenlicht“

10.02.
2015

Er hat ein bisschen gebraucht, bis er in Braunschweig angekommen ist – auf und abseits des Parketts. Doch mittlerweile hat man das Gefühl, dass Tim Abromaitis aufgetaut ist. Seit Wochen zeigt er in den BBL-Spielen gute Leistungen und präsentiert sich auch mit veränderter Körpersprache. Und auch wenn man den 25-Jährigen aus dem US-Bundesstaat Connecticut außerhalb der Sporthalle trifft, gewinnt man mehr und mehr den Eindruck, dass er immer mehr aus sich herausgeht. So auch als das REBOUND-Team ihn vor Kurzem zum Mittagessen getroffen hatte.

Tim kommt etwas verspätet und entschuldigt sich sofort dafür. Er habe einen Parkplatz gesucht und wollte sichergehen, dass er richtig parkt. „Ich habe gestern mein erstes Ticket wegen Falschparken erhalten und das sollte so schnell nicht wieder passieren“, berichtet er. Normalerweise führt ihn sein Weg nach dem Vormittagstraining direkt nach Hause und nicht in ein Restaurant. Dort bereitet er sich selber sein Mittagessen und tut das hier mehr als jemals zuvor. „Ich glaube es liegt im Wesentlichen daran, dass ich die Lebensmittelmärkte hier deutlich lieber mag, als die in Frankreich. Hier ähnelt alles mehr den Geschäften in den USA und für mich ist es einfacher, mich zurechtzufinden“, erklärt Tim. Außerdem seien die Menschen in Deutschland etwas offener und freundlicher und würden die englische Sprache auch sehr gut beherrschen. Ganz anders war das in Frankreich, seiner ersten europäischen Profi-Station. „Es soll nicht hart klingen. Aber es war für mich schon ein kleiner Schock als ich nach Lyon kam und sich fast alle nur auf Französisch unterhalten haben. Sogar die Coaches haben hauptsächlich Französisch gesprochen und ich konnte eigentlich kein Wort“, erzählt der 2,03 Meter große Forward. Da war es für ihn deutlich einfacher, hier in Braunschweig Fuß zu fassen und sich schneller wohlzufühlen – auch weil er mehr US-amerikanische Teamkollegen hat als in den zwei Jahren zuvor in Frankreich.

Aber dennoch brauchte Tim eine Weile, bis er richtig angekommen war. „Ich bin grundsätzlich ein eher zurückhaltender Typ. In Connecticut sind viele introvertiert und vielleicht auch nicht so freundlich wie hier“, lacht er und sagt weiter, dass er nicht gerne im Rampenlicht stehe. „Ich brauche immer etwas Zeit, bis ich mich an eine Umgebung gewöhne. Ich denke, das ist mein Naturell“, so der 25-Jährige Blondschopf, der erst recht spät die Entscheidung traf, Basketball-Profi werden zu wollen. Als Tim noch sehr jung war, spielte er vornehmlich Eishockey. Später an der Highschool rückten dann Baseball, Fußball und auch Basketball in seinen Fokus. „Ich war damals schon größer als die meisten anderen und deshalb lag es nah, mit dem Basketball weiterzumachen“, sagt Tim. Und so entschied er sich dann auch, für die Notre Dame University in der NCAA auf Korbjagd zu gehen. Nachdem es anfänglich nicht gut für ihn lief und er wenig Einsatzzeit erhielt, wuchs seine Rolle in seinem dritten College-Jahr innerhalb des Teams an. „Das war der Moment, an dem ich erkannt habe, dass Basketball meine Zukunft sein könnte“, blickt der Löwen-Forward zurück auf seine damalige Entscheidung. Zwar ereilte ihn im Senior-Jahr eine Verletzung, weshalb er nur zwei Spiele absolvieren konnte, doch landete er in der Saison 2012/13 beim französischen Erstligisten ASVEL Lyon-Villeurbanne und begann dort seine Profi-Karriere. Für ASVEL versenkte er über 40 Prozent seiner Dreier. Eine Saison später ging er für das Euroleague-Team von Strasbourg auf Korbjagd und zeigte auch hier mit knapp 39 Prozent vom Perimeter seine Wurfqualitäten. Sein eigentlich guter Wurf (den er in dieser Saison noch nicht ganz gefunden hat), aber auch seine intelligente Spielweise lassen sein halb-litauisches Blut erahnen. Tim’s Ur-Großeltern stammen aus Litauen und haben einige landestypische Traditionen mit in die USA gebracht, die sich über die Generationen fortgeführt haben. „Aber richtig viele Berührungspunkte hatte ich ansonsten bisher nicht mit Litauen. Und ob meine Basketball-Fähigkeiten daher kommen, weiß ich nicht“, schmunzelt Tim. Er begründet seine intelligentes Spiel eher damit, dass er als Junge immer gegen seinen älteren Bruder spielen musste. Und da der ihm körperlich und spielerisch überlegen war, musste der Löwen-Forward schlau agieren, um überhaupt eine Chance zu haben.

Schlau angestellt hat er sich auch in der Schule. Tim sagt, dass er eigentlich immer recht gute Noten hatte. „Es ist mir aber nicht alles in den Schoß gefallen. Es war eine Mischung aus einfach und hart dafür arbeiten. Wenn es allerdings mit Zahlen zu tun hatte, dann war es für mich einfach. Denn ich war nicht kreativ, aber logisch veranlagt. Und deshalb war ich in Mathematik immer gut“, erzählt er. So ist es dann auch kein Wunder, dass Tim bereits nach drei Jahren seinen Bachelor in Finanzen und in 2010 auch seinen Masterabschluss in Business Administration absolviert hat. Passend zu seiner vorhandenen Logik spielt er auch gerne Schach. Innerhalb des Teams ist er häufiger gegen Maurice Pluskota angetreten, „der aber noch nicht gegen mich gewonnen hat“, grinst Tim. Und weil Maurice auch bei mehreren ,Shoot-Outs‘ im Training gegen ihn den Kürzeren gezogen hat, gehen beide jetzt viel zusammen essen. „Der Preis des Gewinners war eine Einladung zum Essen“, amüsiert sich Tim ein wenig, der mit allen Teamkollegen gut auskommt sowie diese gerne trifft. Ansonsten verbringt der 25-Jährige seine Zeit aber auch gerne mit Lesen und tauscht sich mit Freunden in den USA nach der Lektüre via Skype über das Buch aus. „Ich glaube, wenn man all das über mich liest, dann entsteht der Eindruck, dass ich total langweilig bin. Ich mag Zahlen, lese viel, spiele Schach, bin eher zurückhaltend und habe mich früher auch mit Klavierspielen versucht. Nicht so der Traumtyp, oder?“, fragt Tim mit einem leicht verlegenen Lächeln und macht keinen Hehl daraus, dass er derzeit keine Freundin hat. Hat bis jetzt in Braunschweig noch nicht sollen sein, aber gut Ding hat manchmal eben Weile – schließlich brauchte er ja auch eine gewisse Zeit, um in Braunschweig anzukommen.

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