Nach vier Jahren am College ist Christian Sengfelder im Sommer zu uns gewechselt. Im Interview spricht der 23-jährige Power Forward u.a. über die damit verbundene Umstellung auf wie abseits des Parketts, den schweren Saisonstart und seine bisherige Rolle im Team.
Chris, du hast die letzten vier Jahre in den USA am College verbracht und bist jetzt wieder auf deutschem Boden gelandet. Wie ist es dir mit dem Wechsel vom College-Leben zum Profi-Dasein ergangen?
Der Lebensstil als Basketball-Profi ist verglichen mit der Collegezeit schon anders und anfangs war mir auch etwas langweilig. Denn hier trainieren wir meistens zwei Mal am Tag und dazwischen habe ich Freizeit, mit der ich zunächst nicht so viel anzufangen wusste. Am College war immer was los. Da kennt man auch viel mehr Leute und die trifft man, sobald man die Tür verlässt. Hier in Braunschweig kenne ich natürlich noch nicht so viele Personen, abgesehen von meinen Teamkollegen. Aber die will man ja zwischen den Trainingseinheiten auch nicht immer sehen (lacht). Mittlerweile habe ich mich aber ganz gut mit dem neuen Rhythmus arrangiert. Ich nutze meine Freizeit, um spazieren oder in die Stadt zu gehen und verabrede mich natürlich auch mit meinen Teamkollegen zum Kaffee trinken. Ich verbringe meine Zeit aber auch gerne mit puzzeln. Das beruhigt und entspannt mich. Und ich lese viel. Im Moment lese ich „A Champion’s Mind“. Davor habe ich zum Beispiel „Sleep smarter“ gelesen. Ich interessiere mich aber nicht für Romane oder Krimis, sondern versuche, mich mit Büchern weiterzubilden.
Abseits des Parketts hast du also etwas Umstellungszeit benötigt. Aber auf dem Parkett hat man den Eindruck, dass du dich an das Spiel in der easyCredit BBL sehr schnell gewöhnt hast. Oder?
Ich habe bisher ganz in Ordnung gespielt. Aber ob ich mich an die BBL gewöhnt habe, dass weiß ich noch nicht. An den europäischen Stil im Allgemeinen habe ich mich schon schnell anpassen können. Das ist ja auch ein bisschen wie Fahrradfahren. Das verlernt man nicht so wirklich und ich habe ja auch mehrere Sommer mit der U18-, U20- und jetzt mit der A2-Nationalmannschaft gespielt – das hat definitiv geholfen. Aber ich versuche aktuell schon, noch weiter in der BBL Fuß zu fassen.
Wo siehst du den großen Unterschied zwischen College- und BBL-Basketball?
Ich denke, dass das Spiel sehr viel physischer ist und man hellwach sein muss. Am College hat man seine fünf, sechs Top-Jungs. Aber wenn man gegen Berlin, München oder Bamberg spielt, dann haben die zwölf Top-Spieler und die Qualität des Spiels fällt auch bei einem Wechsel nicht ab. Das heißt, man darf sich keine Sekunde auf dem Feld ausruhen, weil das sofort vom Gegner ausgenutzt wird. Und die Spieler sind hier ja auch deutlich erfahrener und wissen, wie man Fehler bestraft.
Ihr habt die ersten Spiele vor allem gegen Top-Teams bestritten. Wäre es gerade für dich und die anderen Liga-Neulinge im Löwen-Team besser gewesen, gegen gleichwertige Teams zu starten, um schneller einen Rhythmus zu finden?
Das kann sein. Man kann diesen schweren Spielplan aber auch positiv sehen. Wir haben jetzt schon die Top-Teams gespielt und das kann den Lernprozess durchaus beschleunigen. Man hat nach Niederlagen nicht so viel Zeit, Dinge ruhen zu lassen. Stattdessen muss man die Fehler, die man aufgezeigt bekommt, direkt beheben. Deshalb kann dieser schwere Auftakt auch etwas Gutes gewesen sein. Das wird sich aber erst in den kommenden Wochen zeigen. Ich würde aber grundsätzlich sagen, dass es für mich persönlich gut ist, gegen solche starken Gegner die Saison begonnen zu haben. So weiß man sofort, wo sich das Niveau der Liga befindet und unterschätzt auch andere Gegner nicht.
Du spielst bisher gute 27 Minuten pro Partie, legst knapp zehn Punkte sowie 6,3 Rebounds im Schnitt auf und bist Starter auf der Position 4. Wie überrascht bist du darüber, gleich in deinem ersten BBL-Jahr eine so große Rolle zu spielen?
Sehr. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich nicht damit gerechnet. Natürlich habe ich mit unserem Coach Frank Menz darüber gesprochen, wie er sich meine Rolle und Entwicklung in diesem Jahr vorstellt und er hatte für mich auch eine recht große Rolle vorgesehen. Dass es jetzt so gut läuft, hätte ich jedoch nicht erwartet. Aber wenn ich ehrlich bin, dann gibt es noch einige Dinge in meinem Spiel, die besser gehen. Da ist noch Luft nach oben.
Wo zum Beispiel?
Naja, mein Dreier fällt nicht. Vor allem, wenn man sich die letzten drei Spiele anguckt, dann ist das nicht so gut gewesen. Dann gefällt es mir defensiv teilweise nicht, wie ich spiele – zum Beispiel wie ich das Pick-and-Roll verteidige. Zufrieden bin ich bis jetzt aber beim Rebound. Ich würde sagen, das ist ganz gut.
Richtig gut lief es am vergangenen Wochenende für euch. Da habt ihr nach fünf Niederlagen gegen Bamberg eine starke Leistung gezeigt und einen sehr deutlichen Sieg geholt. Wie wichtig war der für euer Selbstvertrauen?
Sehr, sehr wichtig. Vor allen Dingen, weil wir das Spiel in Vechta, das wir vielleicht hätten gewinnen können oder sollen, verloren haben. Der Sieg bringt uns jetzt hoffentlich auf die richtige Bahn. Und mit Würzburg und dem Mitteldeutschen BC kommen zwei weitere Gegner, die schlagbar sind, wenn wir eine ähnliche Leistung wie gegen Bamberg abrufen können. Natürlich ist Würzburg ein starker Gegner, der jetzt gerade auf einer kleinen Erfolgswelle schwimmt und wettbewerbsübergreifend vier Spiele gewonnen hat. Aber ich denke, dass wir eine Chance haben und gegen sie einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gehen können.
Wie hast du nach den fünf Niederlagen die Stimmung innerhalb des Teams wahrgenommen?
Wir kommen sehr gut miteinander klar und sind alle positiv geblieben. Es gab trotz der fünf Niederlagen nie ein Motivationstief oder ähnliches. Uns war außerdem schon bewusst, dass die ersten Gegner schwer waren. Aber wir haben jetzt gegen Bamberg erstmal die Niederlagenserie durchbrochen und müssen zusehen, dass wir daran anknüpfen.
Was glaubst du, wie sich die Saison für euch weiterentwickeln wird?
Ich denke, da geht noch einiges. Wenn wir uns auf uns selbst fokussieren und wie gegen Bamberg wenig Fehler machen, dann können wir uns auch in eine gute Situation bringen, um Erfolg zu haben. Wir haben das Talent und gute Spieler, die auf dem Level spielen können und das auch schon gezeigt haben. Zudem sind wir relativ tief besetzt und können gut rotieren. Dementsprechend bin ich mir auch sicher, dass wir noch einige Spiele gewinnen können und werden.
Danke, Chris!