„Ich habe alles daran gesetzt, mich wieder zurück zu kämpfen“

„Ich habe alles daran gesetzt, mich wieder zurück zu kämpfen“

04.03.
2015

Nicolai Simon ist schon recht viel in der Beko BBL rumgekommen. Sein Weg führte ihn über die Urspringschule/Ehingen (Zweite Liga), ALBA BERLIN, Paderborn, WALTER Tigers Tübingen und medi bayreuth nun nach Braunschweig zu den Löwen. Als er damals nach seinem Abitur und einer richtig starken Abschluss-Saison in Ehingen zu den Berlinern wechselte, wurde er in seiner ersten Beko BBL-Saison (2007) als „Nachwuchsspieler des Jahres“ ausgezeichnet. Seine Karriere zeigte steil bergauf – bis ihn eine Rückenverletzung zurückwarf, und er in der darauf folgenden Saison fast komplett pausieren musste.

„Henrik Rödl hatte mir damals gleich Vertrauen geschenkt und ich war so gut dabei, mich positiv zu entwickeln. Ich hatte bei ALBA einen längerfristigen Vertrag unterschrieben. Doch die Verletzung machte mir einen Strich durch die Rechnung und für mich war es damals weder körperlich noch mental einfach, das zu verkraften. Ich musste realisieren, dass man so etwas nicht selbst in der Hand hat, und eine Verletzung auf einen Schlag alles verändern kann“, sagt Nico nachdenklich. Seine Karriere hätte ein jähes Ende nehmen können. Und natürlich habe er in dieser Phase auch überlegt, was er tun würde, wenn es im Basketball für ihn nicht hätte weitergehen können. Das Abitur hatte er ja schon in der Tasche, und das war Nico auch sehr wichtig. „Bildung hatte für mich immer einen hohen Stellenwert und ich wollte daher unbedingt das Abitur machen. Meine Eltern, beide übrigens Grundschullehrer, haben mir aber nie Druck gemacht. Sie haben mich entscheiden lassen und mein Traum war es damals, auf ein Sportinternat zu gehen. Diesen Traum hatte ich mir mit der Urspringschule erfüllt, wo ich Schule mit Basketball kombinieren konnte“, erzählt der heute 28-Jährige.

Aber wie sollte es nun nach der Verletzung weitergehen? Die Antwort auf diese Frage war für Nico klar: Zurückkämpfen! Durch die Verletzung waren eine Ausbildung oder ein Studium auch Bestandteil seiner Überlegungen geworden. Allerdings bietet das Bildungssystem in Deutschland nicht die nötige Unterstützung, um dies sinnvoll mit Profi-Basketball verknüpfen zu können. Und so hatte Nico seinen Fokus zunächst wieder gänzlich auf den Sport gelegt. „Basketball spielen war das, was ich immer tun wollte. Ich wollte jetzt nicht zurückstecken, sondern alles daran setzen, wieder zurückzukommen“, sagt er. Und das tat er auch. Nico ging zuerst Schritte zurück, um dann wieder vorwärts gehen zu können. So heuerte er nach seiner Genesung erneut in Ehingen an, ehe er ein Jahr später in Paderborn wieder in einem Beko BBL-Kader stand. Darauf folgten zwei Jahre in Tübingen bei den WALTER Tigers, wo er dann auch ein Studium anfing. „Für mich ist es sehr wichtig, nicht nur mein Spiel sondern auch meinen Kopf weiterzuentwickeln. Und das Studium war etwas, dass ich eben auch für meine Bildung und meine Zukunft tun wollte“, so Nico. Doch wie das so ist… mit dem Basketball-Standortwechsel musste er auch das Studium abbrechen. Das nahm er jedoch in Bayreuth wieder auf, fängt aber nun, nach einem weiteren Wechsel nach Braunschweig, ein Fernstudium mit dem Schwerpunkt „International Management“. „Ich lese jeden Tag Zeitung und Wirtschaft ist ein großer Teil davon. Außerdem finde ich die Verknüpfung von Sport und Wirtschaft sehr interessant und könnte mir vorstellen, in diesem Bereich später einmal tätig zu werden“, erläutert Nico seine Wahl des Studiengangs.

Doch bis zur Zeit nach der Basketball-Karriere hat der Löwen-Guard noch sportliche Ziele. So würde er gerne einmal international spielen. „Eurocup wäre schön. Und die Rückkehr in die Nationalmannschaft natürlich auch“, sagt Nico. Das war auch ein Grund, weshalb er sich entschieden hat, nach Braunschweig zu kommen – weil er hier einen weiteren Schritt in seiner Entwicklung gehen möchte. Zwar hatte er in Bayreuth unter der Regie von Marco van den Berg eine Super-Saison. Doch passte es für ihn nach dem Trainerwechsel zu Michael Koch nicht mehr ganz so gut. „Ich war für sein System nicht die ideale Besetzung. Und Raoul Korner hat mir ein genau anderes Gefühl vermittelt, weshalb ich nach Braunschweig gewechselt bin. Ich glaube hier passe ich gut rein, kann mein Spiel weiterentwickeln und so besser an der Verwirklichung meiner Ziele arbeiten“, so der gebürtige Baden-Württemberger, der übrigens dialektfrei – also Hochdeutsch – spricht.

Zwar musste er für das Voranbringen seiner Karriere eine Fernbeziehung in Kauf nehmen, weil seine Freundin nach wie vor in Bayreuth lebt und arbeitet. Allerdings versuchen beide, sich jedes Wochenende zu sehen. „Das hat bis jetzt auch immer geklappt. Wir versuchen dann viel rauszugehen und fahren auch gerne mal nach Berlin, um dort Freunde zu treffen“, erzählt Nico. Dabei übernimmt er die Planung und Organisation von solchen Trips, aber auch von Urlauben. „Ich kann gut organisieren und mache das absolut gerne“, lacht der 28-Jährige, der sich auch als nachdenklich, vernünftig, sozial veranlagt und überkritisch charakterisieren würde. „Ich glaube, ich bin mein größter Kritiker. Ich hinterfrage mich oft und mache mir über alles Gedanken, zum Beispiel, wie ich mein Spiel weiterentwickeln kann. Manchmal steht mir das im Weg. Und dann kommt auf dem Spielfeld auch meine Schwäche hinzu, dass ich mich oft zurückziehe, wenn ich gerade nicht so den Rhythmus habe. Daran muss ich und will ich arbeiten“, sagt Nico, der zu Saisonbeginn mit einer langwierigen Handgelenkverletzung zu kämpfen hatte. „Die hatte mich als Distanzschützen schon belastet. Aber ich bin jetzt über den Berg und mein Wurf fällt auch wieder konstanter und mein Gefühl für ihn wird stetig besser“, berichtet er. Das sieht man auch auf dem Spielfeld: Mittlerweile ist der Shooting Guard bei einer Dreierquote von 37,7 Prozent angekommen. „An die 40 Prozent sollten es in dieser Saison schon wieder werden“, sagt er ehrgeizig. Zweifel daran, dass er das schaffen wird, gibt es kaum. Schließlich ist ihm das Zurückkämpfen zu guter Form nach Verletzungen ja schon vertraut.

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