Bevor unsere Basketball Löwen ins letzte Drittel der easyCredit BBL-Saison 2023/24 mit zwölf verbleibenden Spielen starten, haben wir mit Geschäftsführer und Sportdirektor Nils Mittmann gesprochen. Dabei ging es um die bisherige Saison, das Thema Konstanz und die Zielsetzung der Löwen.
Nils, bevor es in die längere FIBA-Pause ging, hatten die Löwen mit fünf gewonnenen Spielen in Folge eine sehr starke Phase und stehen aktuell mit elf Siegen auf dem zehnten Tabellenplatz. Wie zufrieden bist du mit dem derzeitigen Stand?
Nils Mittmann: Unser Lauf vor dem FIBA-Fenster war wirklich gut und eine wichtige Reaktion auf die Heimniederlage, die wir im Januar gegen stark ersatzgeschwächte Heidelberger erlitten haben. Die Jungs haben verstanden, dass wir uns sowas nicht erlauben können und haben sich danach defensiv wie offensiv gesteigert. Mit elf Siegen sind wir absolut im Soll und damit kann man rein ergebnistechnisch zufrieden sein. Allerdings sieht man nach wie vor, dass wir uns in einem Entwicklungsprozess befinden. Wir haben immer noch Höhen und Tiefen, die zwar seltener geworden, mir aber oft zu extrem sind.
Was sind deiner Meinung nach wesentliche Gründe dafür?
Ein Faktor ist die Jugendlichkeit der Mannschaft und ein anderer Grund ist, dass eine gewisse Lernfähigkeit oder auch Lernnotwendigkeit noch nicht in dem Maße vorhanden ist, um bestimmte Dinge konstanter abzurufen. Unsere Schwankungen müssen abgemildert oder abgefedert werden und das erfolgt durch die Etablierung von Standards. Wir haben deshalb in den vergangenen Wochen intensiv daran gearbeitet. Das sind mitunter Intensitätsthemen und auch die Einstellung. Damit meine ich aber nicht die fehlende Motivation der Spieler, sondern eher ein bestimmtes Mindset, das man entwickeln muss, um seine Leistung beständiger zu bringen. Damit das gelingt, müssen wir uns Standards erarbeiten, und das hängt stark mit Automatismen zusammen, die sich über Wiederholungen entwickeln und die finden im Training statt.
Du hast die Leistungsschwankungen angesprochen und als einen Faktor dafür die Jugendlichkeit der Mannschaft genannt. Die Löwen sind in dieser Saison das jüngste BBL-Team und haben weniger Erfahrung als in den Jahren zuvor. Ist es nicht auch ein Stück weit normal, dass eine so junge Mannschaft diesen Höhen und Tiefen unterlegen ist?
Klar, das gehört in jedem Fall dazu und wir haben erwartet, dass es passiert. Das heißt aber nicht, dass wir diese Schwankungen einfach akzeptieren. Es ist unsere Herausforderung, die Stärken wie auch Chancen unserer Ausprägung und Herangehensweise zu nutzen. Zu diesen Stärken gehören eine hohe Lernkurve und viel Potential und beides müssen wir versuchen, schnellstmöglich auszuschöpfen. Da ist die Konstanz natürlich ein Thema, die jeden Club, Trainer und Spieler beschäftigt und die man auf jedem Level erreichen möchte. Es ist wie ein Streben nach Perfektion und die Aufgabe besteht darin, den Abstand dahin zu verringern und sich zu verbessern. Fehlende Konstanz kann schließlich extrem ins Gewicht fallen, weil starke Leistungsschwankungen sich unmittelbar auf das Ergebnis auswirken können. Fünf schlechte Minuten auf BBL-Niveau können dir die Siegchance nehmen. Dementsprechend beschäftigt uns das. Aber es ist nicht nur diese eine Schraube, an der man dreht. Am Ende ist es Teil des gesamten Herangehens und unseres Ziels, die Spieler individuell und als Mannschaft weiterzuentwickeln. Dabei geht man einen Schritt nach vorne, zwei zurück, dann wieder nach vorne und wieder zurück. Es ist keine lineare Entwicklung, aber es muss grundsätzlich eine positive Entwicklung sein.
Siehst du die individuelle Entwicklung der Spieler denn auf dem richtigen Weg?
Wir sind ambitioniert und erwarten immer viel (lacht). Aber sicherlich kann man sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und zum Beispiel Nicholas und Brandon Tischler wie auch Sananda Fru große Schritte gemacht haben, aber nicht nur in dieser Saison. Sie haben sich bereits über die letzten Jahre sehr gut bei uns entwickelt und diesen Prozess konstant fortgesetzt. Das sind Entwicklungen, die nicht nur auf dem Feld stattfinden, sondern auch die Persönlichkeit betreffen. Sie wachsen als junge Menschen, die anfangen mehr Verantwortung und Führung innerhalb der Mannschaft zu übernehmen. Vor dieser Saison haben wir viele Leistungsträger abgegeben und das hat Freiraum für die aufstrebenden, jungen Spieler geschaffen. Die wollen wir auf dieses Niveau und auf diese Rollen vorbereiten und das hat speziell bei Nicho, Brandon und Sananda gut geklappt. Das ist schön zu sehen und es freut mich sehr, das zu beobachten.
Dazu passt das formulierte Ziel für diese Saison, das wie in den Vorjahren lautet, Spieler weiterzuentwickeln und den Ligaverbleib zu sichern. Aber: Die Löwen sind derzeit Zehnter, der Klassenerhalt ist zwar noch nicht rechnerisch, aber dennoch so gut wie sicher. Gibt der aktuelle Tabellenplatz nicht Anlass dafür, das Ziel für diese Saison anzupassen?
Sicherlich und erfreulicherweise können wir aktuell mehr nach oben schielen und haben durchaus eine Chance auf einen Play-In-Platz. Das ändert aber nichts an unserer generellen Zielsetzung: Der Kern unserer Arbeit liegt ganz klar in der Spielerentwicklung. Darüber definieren wir uns an diesem Standort. Dementsprechend sollte die Erwartungshaltung darin liegen, unser Potential in jedem Spiel zu möglichst hoher Prozentzahl abzurufen und das über die Saison Stück für Stück zu steigern. Zuletzt hat das gut funktioniert. Wir haben etwas konstanter gespielt und den Ligaverbleib jetzt mit elf Siegen mehr oder weniger schon gesichert. Die Wahrung der Erstligazugehörigkeit ist auch mit Blick auf unsere weiterhin sehr begrenzten finanziellen Möglichkeiten unser grundsätzliches Ziel. Unser Etat liegt deutlich unter denen der Playoff-Anwärter. Deshalb wäre die Erwartung an das Erreichen eines Playoff- oder Play-In-Platzes meiner Meinung nach auch zum jetzigen Zeitpunkt zu hoch gegriffen.
Natürlich glaubt man nach den Siegen über den FC Bayern München oder über die EWE Baskets Oldenburg und die Würzburg Baskets schnell, dass wir das Zeug dazu haben. Zumal wir in diesen Spielen auch richtig gut gespielt und unser Potential gezeigt haben. Nach solchen Erfolgen steigen automatisch die Erwartungshaltung und der Anspruch – innerhalb des Teams, der Organisation und auch von außen. Aber es entspricht nicht unserer aktuellen Realität, weder finanziell noch sportlich, dass wir konstant auf einem Level mit den Top-Teams mitspielen können. In zwei oder drei Jahren mag das etwas anderes sein, zumal wir uns auch weiterentwickeln wollen und müssen. Aber wir haben eine sehr junge Mannschaft mit diversen Spielern, die auf diesem Level noch nicht in wichtigen Rollen gespielt haben. Deshalb sind sie auch hier, um zu BBL-Leistungsträgern zu werden und Verantwortung zu übernehmen. Aber das braucht Zeit und aktuell sind wir noch damit beschäftigt, unsere Leistungen innerhalb eines Spiels abzurufen. Deshalb müssen wir den Fokus auf jedes einzelne Spiel legen und macht es weniger Sinn, irgendwelche Plätze als Ziel vorzugeben oder anzustreben.
Bitte nicht falsch verstehen! Das heißt nicht, dass wir nicht maximal erfolgreich sein wollen. Natürlich wollen wir alle Spiele gewinnen. Zuletzt hat das sehr gut funktioniert und daran wollen wir nach dem FIBA-Fenster anknüpfen und die Zuschauer weiter mit schnellem, athletischem und spektakulärem Basketball begeistern. Und wenn die Mannschaft sich am Ende der regulären Saison mit dem Erreichen eines Play-In- oder Playoff-Platzes belohnen sollte, dann nehmen wir das gerne „on top“ mit und freuen uns natürlich darüber. Aber an unserer Identität und unserem grundsätzlichen Ziel ändert das nichts.
Du hast zuvor die positive Entwicklung von den Tischler-Zwillingen und Sananda Fru angesprochen. Alle drei wurden zwar für das gerade beendete FIBA-Fenster im Februar für die deutsche Nationalmannschaft angefragt, aber letztlich wurde nur Nicho Tischler nachnominiert, der es nicht in den finalen DBB-Kader geschafft hat. Wie bewertest du das?
Zunächst einmal zeigt die Anfrage, dass wir grundsätzlich eine gute Arbeit bei der Spielerentwicklung leisten. Meiner Meinung nach hatten alle drei sich eine Nominierung verdient und es wäre der entsprechende Lohn für ihre beständige und sehr gute Entwicklung gewesen. Folglich war das schon enttäuschend, in erster Linie für Nicho, Brandon und Sananda, aber auch für uns als Club. Die drei Jungs sind schon seit mehreren Jahren in unserem Programm und stehen exemplarisch für unsere Werte und Identität: Wir als Löwen-Organisation wollen junge Spieler zu Leistungsträgern im deutschen Basketball entwickeln und das soll auch unser Aushängeschild sein. In der BBL sind sie Schritt für Schritt zu Leistungsträgern gereift und zeigen das seit Monaten in beeindruckender Weise. Dass es für einen Kaderplatz in diesem letzten FIBA-Fenster nicht gereicht hat, ist daher schon sehr schade. Aber die Jungs arbeiten hart und legen ein hohes Maß an Disziplin an den Tag, weshalb ich davon überzeugt bin, dass sie zeitnah den Weg in die deutsche Nationalmannschaft finden werden.
Drei Löwen waren aber dennoch im FIBA-Fenster im Einsatz: Barra Njie (Schweden), Martin Peterka (Tschechien) und Jilson Bango (Angola) haben für ihre jeweiligen Nationalmannschaften gespielt und mit guten Leistungen überzeugt.
Ja und das ist überaus erfreulich. Hier ist die Situation aber ein wenig anders, weil die drei schon Nationalspieler waren, als sie zu uns gekommen sind. Dennoch ist es schön, dass sie wieder nominiert wurden und es ist unser Anspruch, dass sie jetzt als bessere Spieler zu ihren Nationalmannschaften gegangen sind und sich dort weiterentwickeln konnten. Das gilt vor allem für Barra, der noch sehr jung ist und ein großes Entwicklungspotential hat. Aber auch Jilson, der mittlerweile etablierter Nationalspieler ist, hat für Angola aufgrund seiner Rolle bei uns weitere Schritte nach vorne gemacht und ist in diesem jüngst absolvierten FIBA-Fenster der stärkste Spieler seiner Mannschaft gewesen. Martin ist zwar der erfahrenste Spieler in unserem Programm, hat sich bei uns aber auch weiterentwickelt. Das gilt insbesondere für seine Rolle als Löwen-Kapitän, die ihn sehr fordert. Aber dieses Amt ist sicherlich etwas, was er in den Kosmos der Nationalmannschaft einbringen konnte und was eine wertvolle Erfahrung für ihn darstellt. Und seine Leistungen im tschechischen Team waren sehr gut, er hat Verantwortung übernommen und hatte einen positiven Einfluss auf das Spiel.
Insgesamt sind die Entwicklung und Rollen unserer Spieler in den Nationalmannschaften schön zu sehen. Das bestätigt uns in unserer Arbeit und gibt allen Beteiligten sicherlich einen Extra-Push für die verbleibenden Spiele der Rückrunde, in der wir uns weiterentwickeln und weitere Siege feiern wollen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Informationen im Überblick
13:45 Uhr: Eintracht Braunschweig LionPride vs. TG Neuss Tigers (DBBL)
17:00 Uhr: Basketball Löwen vs. Veolia Towers Hamburg (easyCredit BBL)
⇒ TICKETS / Hallenöffnung: 13:00 Uhr