An der Seitenlinie ist Löwen-Assistant Coach David Gómez impulsiv und mit jeder Faser seines Körpers im Spiel. Die aktuelle Situation ist für ihn äußerst lehrreich, wie er uns sagt, „um ruhig zu bleiben und einen Gang zurückzuschalten“. Wie der momentane Alltag des Spaniers aussieht und wie er die Lage in seinem Heimatland verfolgt, hat er uns im Gespräch verraten.
David, die erste und wichtigste Frage: Wie geht es dir?
Mir persönlich geht es körperlich sehr gut. Aber natürlich ist es momentan eine harte Zeit für alle Leute.
Für uns als Coaches ist es schwierig ohne Basketball, ohne die tägliche Arbeit mit den Spielern, ohne die Partien am Wochenende, ohne das direkte Feedback unserer Fans und Zuschauer.
Du schaust dir auch während des Spielbetriebs viele Basketballspiele an, um über den weltweiten Basketball informiert zu bleiben. Nimmt das nun einen noch größeren Teil deiner Zeit ein?
Aus dieser Sicht ist die freie Zeit für einen Coach sicherlich perfekt. In der Saison liegt der Fokus auf der Vorbereitung und der Analyse des kommenden Gegners. Jetzt habe ich die Möglichkeit, mir andere Mannschaften, z.B. die Euroleague-Teams, im Detail anzusehen und zu analysieren, wie diese in speziellen Spielsituationen agieren. Wenn ich dabei interessante Sequenzen sehe, schicke ich sie auch gerne an unsere Spieler weiter. Insgesamt ist es gut, um sich als Trainer weiterzubilden und neue Impulse zu bekommen.
Das Scouting ist also ein Part deines Alltags – wie sieht der Rest aus?
Ich habe mir einen Stundenplan für die gesamte Woche aufgestellt, um einen täglichen Rhythmus zu bekommen. Jeden Morgen starte ich mit einem Workout, schaue mir dann eine Spielaufzeichnung an oder scoute einen bestimmten Spieler. Mittags habe ich dann mehr Zeit zum Kochen als gewöhnlich und kann auch mal etwas ausprobieren. Am Nachmittag stehen dann meist mein Deutschkurs via Videotelefonie oder die konzeptionelle Arbeit beispielsweise an möglicher Trainingsgestaltung für die Zukunft auf dem Programm.
Wie schwer ist es für dich im Moment, nicht bei deiner Familie in Madrid zu sein?
Es ist natürlich schwierig, gerade bei der Lage in Spanien. Mein älterer Bruder Javier hatte zuletzt Symptome des Coronavirus gezeigt und wurde deshalb vorsorglich getestet, da warten wir noch auf das Ergebnis. Ansonsten geht es meiner Familie aber gut. Und solange die Situation in der BBL ungeklärt ist, bleibe ich in Braunschweig und nah bei unserem Team.
Dein Heimatland ist schwer getroffen vom Coronavirus – wie erlebst und verfolgst du die Situation?
Es fühlt sich für mich so an, als würde ich die Situation zweimal durchleben: Zuerst durch die Berichte meiner Familie in Spanien und mit einigen Tagen Verzögerung dann hier in Deutschland. Gerade, weil mein Bruder Alberto ein Unternehmen führt, das unter anderem Desinfektionsmittel produziert, und somit näher am Tagesgeschehen dran ist und vieles intensiver mitbekommt, erlebe ich das Geschehen quasi hautnah mit. In Spanien gibt es mittlerweile kaum noch jemanden, der keine Person kennt, die nicht infiziert ist oder Symptome der Krankheit aufweist.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass wir die Situation in Spanien gut angenommen haben und kreativ damit umgehen. Wie in Italien oder nun auch in Deutschland verabreden sich die Leute, um auf den Balkonen zu musizieren oder eine Minute lang zu klatschen und ihren Zusammenhalt zu demonstrieren. Das finde ich klasse, denn nur mit Respekt für die Mitmenschen und als Gemeinschaft können wir die Lage durchstehen.
Danke für das Gespräch, David. Dir und deiner Familie weiterhin alles Gute!